Auswirkungen einer potenziellen Abschaltung des Online-Nachrichtenangebots SRF News
Warum dies keine Lösung für die Medienkrise in der Schweiz darstellt
Kurz und knapp
- Am Beispiel der Deutschschweiz wurde untersucht, welche Auswirkungen eine Abschaltung des Online-Nachrichtenangebots SRF News auf Absatz und Erlöse von Digitalabonnements privater Medien hätte.
- Von einem Wegfall des öffentlichen Angebots würden vor allem Gratismedien profitieren. Zusätzliche Abonnements für private Online-Nachrichtenangebote ließen sich nur in sehr beschränktem Umfang verkaufen.
- Die Nutzung von SRF News, Nachrichteninteresse und Medienvertrauen hängen positiv mit der Zahlungsbereitschaft zusammen.
- Indirekt könnte über die politische Bildung und Medienkompetenz auf eine höhere Zahlungsbereitschaft hingewirkt werden.
- Statt den öffentlichen Rundfunk im Internet einzuschränken, sollte die Medienpolitik über Medienförderung und neue Aufgaben für gemeinwohlorientierte Medien in einer digitalen Gesellschaft nachdenken.
Europaweit sieht sich der öffentliche Rundfunk mit dem Vorwurf konfrontiert, seine Online-Nachrichtenangebote würden das digitale Abonnementgeschäft privater Zeitungsverlage bedrohen. Die Schärfe, die dieser Konflikt zuweilen annimmt, ist angesichts der ökonomischen Entwicklung des Pressemarktes nicht weiter verwunderlich. Im Zuge der Digitalisierung verlagert sich die Werbung zunehmend ins Internet – aber nicht zu den Websites und Apps journalistischer Angebote, sondern überwiegend zu Plattformen wie beispielsweise Facebook, YouTube, TikTok oder Instagram, die selbst keine publizistischen Inhalte produzieren. Dies ist auch in der Schweiz der Fall.
Vor diesem Hintergrund untersuchte das vorliegende Gutachten der Universität Freiburg/Fribourg, der TU Dortmund und der TH Köln, wie sich eine Abschaltung des öffentlichen Angebots „SRF News“ auf den Schweizer Online-Nachrichtenmarkt auswirken würde. Die von Verlegerseite häufiger angeführte „Crowding-out“-Hypothese unterstellt dabei eine verminderte Zahlungsbereitschaft für private Online-Nachrichtenangebote als Folge kostenloser Nachrichtenangebote des öffentlichen Rundfunks im Internet.
Abschaltung von SRF News hilft privaten Medien nicht
Die Studienergebnisse zeigen klar, dass die Existenz von SRF News keine Ursache für die geringe Zahlungsbereitschaft für private Online-Nachrichtenangebote darstellt. Bei einer Abschaltung von SRF News könnte nur eine kleine Zahl zusätzlicher Abonnements zu sehr niedrigen Preisen verkauft werden. Der Großteil der Nutzung würde sich zu Gratismedien, den bei Bezahlmedien vor der Paywall frei verfügbaren Inhalten sowie zu Plattformen wie Sozialen Netzwerken und News-Aggregatoren verschieben.
Die Ergebnisse bestätigen für den Deutschschweizer Markt damit Erkenntnisse, die bereits für Deutschland und Österreich gewonnen werden konnten.
Vor allem Gratisangebote würden profitieren
Wäre das Onlineangebot von SRF News nicht mehr verfügbar, würde mehr als die Hälfte der Befragten (52,8 %) auf kostenlose Medienangebote und rund ein Drittel (31,8 %) auf Soziale Netzwerke oder News-Aggregatoren ausweichen. Ein weiteres Fünftel (21,1 %) würde keine anderen Angebote nutzen. Lediglich 9,4 Prozent der Deutschschweizer würde ein kostenpflichtiges Abonnement abschließen. Der Preis ist hierbei der wichtigste Entscheidungsfaktor. 58 Prozent der Befragten nennen diesen Aspekt als entscheidendes Kriterium.
Insgesamt geringe Zahlungsbereitschaft
Eine weitere Erkenntnis ist, dass die aktuelle und zukünftige Zahlungsbereitschaft für Online-Nachrichtenangebote in der Deutschschweiz generell eher gering ausfällt. Fast 80 Prozent der Befragten nutzen aktuell kostenlose Online-Nachrichtenangebote. Fast die Hälfte der Gruppe der Nicht-Zahlenden gibt an, dass sie auch zukünftig nicht bereit seien, für Online-Nachrichten Geld auszugeben. Fast ein Viertel der Nicht-Zahlenden wäre nur bereit, unrealistisch niedrige 5 Schweizer Franken im Monat dafür zu bezahlen.
Erwartbare Mehreinnahmen überschaubar
Zudem zeigt sich, dass die Nutzung von SRF News positiv mit der Nutzung privater Online-Nachrichtenangebote und der aktuellen sowie künftigen Zahlungsbereitschaft für Onlinenachrichten zusammenhängt. Die meisten Befragten nutzten schon jetzt nicht ausschließlich das Angebot des öffentlichen Rundfunks, sondern bereits parallel auch andere Angebote. Von denjenigen, die mindestens wöchentlich SRF News nutzen, frequentieren fast zwei Drittel auch Onlineangebote von Zeitungen. Das bedeutet, dass viele Nutzerinnen und Nutzer von SRF News bereits für private Online-Nachrichtenangebote zahlen. Die erwartbaren Mehreinnahmen dürften damit relativ bescheiden ausfallen, zumal alle Schweizer Nachrichten-Websites zusammen derzeit gerade einmal CHF 180 Mio der Online-Display-Werbung auf sich vereinen.
Gesellschaftliche Kosten überwiegen privaten Nutzen einer Abschaltung
Eine Abschaltung von SRF News hätte zudem massive gesellschaftliche Kosten zur Folge. Neben dem Effekt, dass vor allem kostenlose Online-Nachrichtenangebote profitierten, die bezüglich Qualität und Glaubwürdigkeit als weniger hochwertig wahrgenommen werden, ginge damit ein Reichweitenverlust für die Angebote des „Service public“ einher. Dieser verlöre in der digitalisierten Öffentlichkeit damit an Bedeutung. Ein Wegfall des SRF-Online-Nachrichtenangebots würde somit zwar privaten Medien zusätzliche Digitalabonnements in sehr überschaubarem Umfang bescheren, doch einer Versorgung möglichst großer Teile der Bevölkerung mit Journalismus wäre dies klar abträglich.
Alternative Refinanzierungsoptionen?
Wenn also nicht die Angebote des öffentlichen Rundfunks das Problem sind, so stellt sich die Frage, was die Medienorganisationen selbst tun können. Die Ergebnisse der CBC-Analyse bestätigen: Sowohl niedrigere Abopreise als auch werbefreie Angebote könnten die Zahlungsbereitschaft der Befragten erhöhen. Zudem wird die Kombination aus E-Paper und uneingeschränktem Zugriff auf alle Inhalte über Website und App besonders geschätzt.
Kooperation zwischen öffentlichem Rundfunk und privaten Medien
Außerdem könnte nach Ansicht der Autoren über Kooperationen zwischen dem öffentlichen Rundfunk und privaten Medien nachgedacht werden. Diese könnten nicht nur die Reichweite und Auffindbarkeit relevanter Inhalte verbessern, sondern auch die Krise privater journalistischer Anbieter abschwächen.
MP-Spotlight
Hauptnutznießer einer potenziellen Abschaltung von SRF News wären kostenfreie Angebote
Volltext MP 14/2025
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